Frisch, Luftig und Leicht

Wie die sich die Chemische Haarumformung doch verändert hat.

Ein Kunde von mir bald stolze 88 Jahre alt, lernte einst selbst das Herrenfach. Kürzlich erzählte er mir, dass man in den Fünfzigerjahren Abends, den Männern heimlich Dauerwelle machte, in einem Nebenraum oder das Schaufenster wurden gar verhängte. Weil Mann sich schämte, weil dies peinlich war.

Wär hätte jemals gedacht, dass sich die Dauerwelle gerade bei den Männern als neuer Modetrend im neunzehnten Jahrhundert durchgesetzt.

2006 feierte die Dauerwelle ihr 100-jähriges Jubiläum

Bis zum Jahre 1906 war die einzige Möglichkeit, die Haare umzuformen, die Ondulation. 1867 hatte der Pariser Friseur Marcel Grateau dieses Verfahren entdeckt, bei dem die Haare mit Hilfe eines vorgeheizten, scherenartigen Gerätes gelockt wurden. Allerdings war die Pracht von kurzer Dauer: Sie verschwand bei der nächsten Haarwäsche.

Die Heißwelle

Im Oktober 1906 stellte dann der Schwarzwälder Frisör Karl Ludwig Nessler (1872-1951) in London zwei Damen vor, die von ihm eine neuartige Dauerwelle erhalten hatten. Das besondere: Diese Dauerwelle überstand aufgrund der chemischen Behandlung mit einer alkalischen Lösung auch Feuchtigkeit. Patentiert wurde diese Erfindung, die jedoch auch nicht ganz unproblematisch in der Anwendung war, dann im Jahre 1908. Bei seinem ersten Versuch eine Dauerwelle zu machen, hatte seine künftige Frau Katharina nicht nur eine gewellte Strähne, sondern auch Brandblasen und versengte Haare davongetragen. Sich 1906 Dauerwellen machen zu lassen, war langwierig und gefährlich. Das alkalische Wellmittel konnte Verätzungen hervorrufen und es gab Verbrennungen durch die erhitzte Spezialzange. Die neu gestylte Haarform wurde mit sauren Präparaten und durch Abkühlung fixiert. Zunächst war es nicht möglich, die ersten vier Zentimeter des Haaransatzes zu wellen. Die Haare wurden in dieser Zeit spiralförmig auf senkrecht vom Kopf abstehende Stabwickler gedreht. Isolierringe sollten Hautverbrennungen verhindern. Mit diesen Dauerwellgeräten sahen die Kundinnen damals durchaus ein wenig außerirdisch aus. Seit der Entwicklung der Flachwicklung 1924 durch Josef Mayer (1881-1952), bei der die Wickler wie heute noch flach am Kopf anliegen, konnten dann auch die ersten vier Zentimeter des Haaransatzes ihre Welle abbekommen.

Weiterer Wehrmutstropfen der frühen Dauerwellen: Es war in jedem Falle eine problematische Hitzebehandlung erforderlich. Erfinder wurden daher in den Folgejahren dazu angeregt, abenteuerliche elektrische Dauerwellheizer zu konstruieren, die die Hitzeapplikation für die Kundinnen erträglicher gestalten sollten.

Die Kalt-Dauerwelle

Die erste chemisch erzeugte Dauerwelle wurde von Clark und Speakman im Jahr 1932 eingeführt. Mit Sulfit wurden die Disulfidbrücken der Haare gespalten, so dass es verformbar wurde. Zur Formgebung war jedoch auch hier noch eine Wärmebehandlung erforderlich. Der Durchbruch zur modernen Wellung erfolgte dann, als 1941 das Dauerwellprinzip mit Reduktionsmitteln auf Thiolbasis, die so genannte Kalt-Dauerwelle, in einem amerikanischen Patent beschrieben wurde. Durch die Entwicklerlösung kommt die Kaltwelle ohne Hitze aus. Seit 1947 ist die Kalt-Dauerwelle üblich. Das Verfahren findet bis heute Anwendung in den alkalischen, den mild alkalischen und den Cysteindauerwellen.